miriam82 hat geschrieben:
Was ist eigentlich, wenn bei so einem Flugzeug der Motor ausfällt?
Mal stark vereinfacht: Der Motor ist nicht dafür zuständig, daß das Flugzeug fliegt. Das machen die Tragflächen - damit diese aber genug Auftrieb erzeugen, um das Flugzeug in der Luft zu tragen, braucht das Flugzeug eine gewisse Geschwindigkeit. Um diese Geschwindigkeit zu erreichen und zu halten, sind Motor und Propeller da.
Fällt jetzt der Motor aus, kann das Flugzeug seine Geschwindigkeit nur noch halten, indem es bergab fliegt - das nennt man Gleitflug. Segelflugzeuge, die genaus das ja immer tun und konsequent auf Gleitflug ausgelegt sind, erreichen Gleitverhältnisse von über 1:60, d.h. mit einem Meter Höhenverlust fliegen sie noch 60 Meter weit. Kleine Motorflugzeuge sind deutlich schlechter, vielleicht 1:8 bis 1:12.
Im Cockpit passiert nach einem Motorausfall folgendes: Der Pilot nimmt die Nase nach unten, fliegt bergab und hält dabei die Geschwindigkeit, bei der das Flugzeug am besten gleitet. Diese hat er auswendig gelernt. Er fliegt jetzt beispielsweise mit 150 km/h und sinkt dabei mit 3,5 Metern pro Sekunde. Aus einer Flughöhe von nur 630 Metern (etwa 2000 Fuß) würde er also noch drei Minuten völlig normal weiterfliegen können und sich ein geeignetes Feld für die Notlandung suchen. Die Landung erfolgt ganz normal wie sonst auch, nur etwas steiler. Hier ist jetzt Augenmaß gefragt, die Landung so einzuteilen, daß man am Anfang des Notlandefeldes ankommt und noch genug Geschwindigkeitsreserve hat, um abzufangen, aber auch nicht zu viel, um nicht über das Feld hinauszuschießen. Die Steuerung des Gleitwinkels im Endanflug, normalerweise tut man das ja mit dem Gashebel, erfolgt jetzt über die Landeklappen oder - wenn möglich - durch Slippen.
Kleine Motorflugzeuge haben Fahrwerke, die mit jeder halbwegs ebenen und festen Oberfläche zurechtkommen. Probleme machen weiche Acker, hier kann es zum Überschlag kommen, wenn das Bugrad eintaucht und nicht gleich abreißt. Mit Schäden am Flugzeug muß man rechnen, aber die Passagiere haben gute Chancen, so eine Notlandung ohne schwere Verletzungen zu überstehen.
Segelflugpiloten haben hier einen deutlichen Vorteil, sie machen das immer und kennen sich auch mit der Beurteilung von geeigneten Landefeldern aus der Luft aus, was gar nicht so einfach ist. Nur-Motorflieger müssen das immer wieder üben, um für den Fall der Fälle gerüstet zu sein.
miriam82 hat geschrieben:
Besonders, wenn man hoch ist?
Höher ist besser, weil man mehr Zeit für das Manövrieren im Gleitflug hat. Kritisch ist ein Motorausfall direkt nach dem Start, hier geht es dann ohne viel Überlegen geradeaus in jede halbwegs zum Landen geeignete Landschaft. Lieber beide Tragflächen an zwei Bäumen abstreifen und dafür die Insassen retten. Keinesfalls sollte man als Pilot dem Instinkt folgen, in niedriger Höhe eine Kehrtwende zu machen, um auf dem Flugplatz zu landen - dabei sind schon einige Leute gestorben.
Bei der Landung ist die Situation etwas günstiger, zumindest, wenn man hoch genug anfliegt. Der Motor ist dann sowieso im Leerlauf, ein Ausfall hätte gar keine Folgen. Fliegt man tief mit Schleppgas an, landet man entweder vor dem Flugplatzzaun auf der Wiese oder eben dahinter kurz vor der Landebahn.
In Braunschweig gibt es eigentlich genug Notlandemöglichkeiten um den Flugplatz herum. Kritisch ist nur die Startrichtung 08, wenn man ein Flugzeug mit schlechter Steigleistung hat. Denn dann geht es erstmal über den Wald...
miriam82 hat geschrieben:
Und kommt das häufig vor?
Also beim Autofahren gibt es das ja, daß der Motor mal nicht anspringt oder einfach ausgeht.
Kommt eher selten vor. Die kleinen Flugzeuge werden alle 50 Flugstunden gründlich gewartet, wo zum Beispiel auch das Zündkerzenbild und die Ölfilter untersucht werden. Hier merkt man schon frühzeitig, ob alles rund läuft. Die typischen Flugmotoren kommen auch aus der Steinzeit und sind sehr, sehr einfach aufgebaut - verglichen mit den heutigen Automotoren. Da gibt es auch nicht viel, was kaputt gehen kann.
Die allermeisten Piloten erleben nie in ihrem Leben einen Motorausfall.
miriam82 hat geschrieben:
Und noch etwas. Es gibt ja auch kleine Flugzeuge mit zwei Propellern. Was ist denn, wenn einer ausfällt? Muß man dann den anderen auch abschalten, ich stelle mir vor, sonst fliegt das Flugzeug nur noch im Kreis?
Nein, den unsymmetrischen Schub kann man mit dem Seitenruder ausgleichen. In der Regel wird die Leistung am noch laufenden Triebwerk sogar erhöht. Zweimotorige Flugzeuge müssen - das ist in den Zulassungsvorschriften gefordert - auch noch mit einem Motor nach dem Start an Höhe gewinnen.
Aber: Die Seitenruderkraft bei den kleinen Maschinen ist teilweise extrem hoch - bis zu 70kg muß man mit einem Bein in das Pedal stemmen. Wer da nicht vorbereitet und in Übung ist, kann sich schnell in eine ungünstige Lage bringen, insbesondere in Instrumentenwetterbedingungen. Hier spricht die Statistik eine deutliche Sprache: Zweimotorige Flugzeuge sind nicht deutlich sicherer als einmotorige, wie man es eigentlich erwarten würde. Böse Zungen sagen, der zweite Motor dient ohnehin nur dazu, den Pilot und das Flugzeug zu seiner Absturzstelle zu bringen.
miriam82 hat geschrieben:
Und warum landen kleine Flugzeuge manchmal auf dem Gras und manchmal auf der Landebahn?
Die Graspiste ist einfach eine zusätzliche Piste, die unabhängig von der Asphaltbahn genutzt werden kann, wenn mal viel Verkehr ist. Große Flugzeuge können darauf nicht landen, weil einfach zu viel Gewicht auf den Fahrwerken steht, sonst würden sie das auch tun: Graspisten verringern deutlich den Reifen- und Bremsenverschleiß. Und bei Flugzeugen kosten Ersatzteile ja immer mindestens das Zehnfache vergleichbarer Autoteile
