[Bericht] Quax Ausmotten 2024 in Bienenfarm

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[Bericht] Quax Ausmotten 2024 in Bienenfarm

Beitrag von Uwe » Sa 20. Apr 2024, 18:52

von Uwe Bethke
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Es war mal wieder so weit: Traditionell in der Woche nach Ostern bereiten die Quax-Flieger sich selbst und ihre Maschinen auf die neue Flugsaison vor. Das "Ausmotten" in Bienenfarm war angesagt. Wie in den letzten Jahren, ist dies auch immer eine gute Gelegenheit, die eigene "Spottertouren-Saison" zu starten - wenn das Wetter mitspielt. Und es spielte mit: Am Wochenende sollte es uns mit viel Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen verwöhnen. Also ging es am Samstag, dem 06.04.2024, morgens auf zu einer Tagestour in Richtung Osten.
Das Ausmotten ist für Fotografen wie uns immer eine kleine Wundertüte. Welche Maschinen sind vor Ort, welche Maschinen sind klar und welche werden an diesem Tag auch geflogen? Und kommen an diesem Tag wieder Überraschungsgäste mit ihren historischen Flugzeugen vorbei? Viele Fragen - und hier die Antworten:

Am Vormittag, im sanften Licht der Frühlingssonne, ging es los. Und gleich mit einem Highlight: Die de Havilland DH. 82A Tiger Moth machte sich fertig zum Abflug. Die von Geoffrey de Havilland als Schulflugzeug entworfene Tiger Moth absolvierte ihren Jungfernflug 1931. Sie basierte in wesentlichen Teilen auf der de Havilland DH. 60 Moth, die 1925 ihren Erstflug hatte. So stecken in dieser Maschine fast 100 Jahre Luftfahrtgeschichte.
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Die D-EQXM ist Baujahr 1940 und begann ihren Dienst bei der britischen Royal Air Force (RAF) als T7213. 1956 kam sie nach Deutschland und ging durch mehrere Hände. Wohl um die Übersicht nicht zu verlieren, wurden ihre Stationen auf Seitenruder verewigt. Allerdings fehlt dort noch ihre aktuelle Registrierung, die sie bei den Quax-Fliegern trägt.
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Ein Highlight ist diese "Motte", weil sie nach einem Unfall 2007 komplett überholt wurde und ihre authentische Lackierung aus ihrer Anfangszeit bei der RAF bekam. Ein Blick ins Cockpit mit dem alten, waagerecht aufgehängten Kompass zeigt, mit wie viel Liebe zum Detail die Maschine erhalten wird.
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Gleich danach das zweite Highlight, denn ein Neuzugang im Flugzeugpark der Quaxe macht sich ebenfalls fertig. Mit der D-EBOU unterhält der Verein neben der D-EQXB eine weitere Stampe SV-4C. Die Stampe-Vertongen SV-4 flog 1933 zum ersten Mal. Der belgische Hersteller orientierte sich für sein Schulflugzeug damals an der oben erwähnten de Havilland Tiger Moth. Bei den beiden Quax-Maschinen handelt es sich um Lizenzbauten der französischen Nord Aviation, die D-EBOU tragt die Farben der französischen Marineflieger, die diesen Typ für die fliegerische Grundausbildung nutzte.
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Angetrieben wird die Stampe von einem luftgekühlten, hängenden Vierzylinder-Reihenmotor vom Typ Renault 4PO3, der eine Leistung von 145 PS abgibt.
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Zu den Beiden gesellte sich ein dritter Klassiker: eine Stark Turbulent D.31. Sie war eines der ersten Flugzeugmuster, das nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland wieder produziert wurde. Die Stark Flugzeugbau KG in Minden produzierte die Maschine als gewerblichen Lizenzbau der französischen Druine D.31 und passte sie an die deutschen Luftfahrtzulassungsbestimmungen an. Es wurden ca. 35 Exemplare unter der Bezeichnung Stark Turbulent D gefertigt, von denen 2010 noch neuen Exemplare zugelassen gewesen sein sollen. Angetrieben wird die Stark Turbulent von einem modifizierten 33,1 kW leistenden VW-Boxermotor (STAMO 1400). Übrigens fliegt auch ein Exemplar in Braunschweig. Die Fluggruppe des DLR hütet mit der D-EHIS ebenfalls einen solchen fliegenden Schatz.
Die D-ETJD macht sich auf den Weg.
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Diese Drei fanden sich am Himmel über Bienenfarm zusammen und zogen in schöner Formation über den Platz.
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Die Motte und die Stampe in ihrem Element.
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Frühling im Havelland: sanftes Grün und brummende Motoren.
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Und weiter geht's: Eine der beiden Dornier Do 27 der Quax-Flieger ist die D-EQXG. Die D-EQXG, Werknummer 429, begann ihre fliegerische Laufbahn im November 1959 auf dem Fliegerhorst Fassberg bei Celle als LC+155. Heute zeigt sich wieder top restauriert in der Lackierung und mit der Kennung aus ihrer Anfangszeit.
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Der erste Überraschungsgast des Tages. Die Messerschmitt Bf 108B Taifun, D-ERTT, der ehemaligen Sammlung von Volker Schülke im Hangar 10 auf Usedom hatte keiner von uns auf dem Schirm. Nach dem tragischen Unfalltod des Hangar-10-Gründers war lange Zeit nicht klar, wie es mit der Sammlung weitergeht. Nachdem die Maschinen zum Verkauf angeboten wurden und auch einige Abgänge zu verzeichnen waren, blieb aber das Gros der Sammlung durch die Übernahme eines Sammlers aus Süddeutschland am Standort Usedom erhalten.
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Wenn man dieses Flugzeug sieht, glaubt man nicht, dass der Prototyp bereits 1934 seinen Erstflug hatte. Dieser für seine Zeit sehr fortschrittliche Entwurf braucht auch heute den Vergleich mit modernen Sportflugzeugen nicht zu scheuen.
Der in Ganzmetallbauweise ausgeführte Viersitzer mit geschlossener Kabine und Einziehfahrwerk besticht durch seine saubere Linienführung und durch einige technische Besonderheiten. Hervorzuheben an dieser Stelle sind die automatisch gesteuerten Vorflügel, die der Maschine bemerkenswerte Langsamflugeigenschaften bei guter Manövrierbarkeit verliehen.
Angetrieben von einem luftgekühlten, hängenden Achtzylinder-V-Motor vom Typ Argus AS 10c mit einer Startleistung von 240 PS erreicht die Taifun eine Höchstgeschwindigkeit von ca. 300 km/h, die Reisgeschwindigkeit liegt bei ca. 250 km/h. Zwischen 1936 und 1945 wurden ca. 900 Maschinen gebaut.
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Platzidylle über Mittag:
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Mit der Sonne wanderte auch der Standort fürs Fotografieren. Für den Nachmittag quartierten wir uns direkt an der Bahn ein. Und nun gab es jede Menge Flugbetrieb.
Die zweite Do 27 gehört zur Lufthansa Berlin Stiftung, wird aber von den Quaxen betrieben.
Die D-EDNU war die Werknummer 401 und absolvierte als AC+959 im August 1959 ihren Erstflug. 1960 kam sie zum Fluganwärterregiment der Luftwaffe nach Uetersen. Nach ihrer militärischen Verwendung flog sie bei der Sportfluggruppe des JaBoG 43 Oldenburg und beim Luftsportverein Kaufbeuren, bevor sie am 20.03.1990 an die Lufthansa Berlin Stiftung verkauft wurde.
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Diese schöne Piper PA-18-95 Super Cub, D-EHAP, gehört nicht zur Flotte des Vereins, sondern einem Mitglied.
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Ebenso wie die D-EKQF, ebenfalls eine Piper PA-18-95 Super Cub
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Unverzichtbarer Bestandteil bei Flugaktivitäten auf der Bienenfarm ist die Boeing Stearman der Quaxe, die D-EQXL, die einigen Neugierigen im Rahmen von Schnupperflügen das ursprüngliche Fliegen im offenen Cockpit näher brachte.
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Nachmittags drehte auch die Stieglitz ein paar Runden. Die Focke-Wulf Stieglitz hatte 1932 ihren Erstflug. Bei der D-ENAY der Quaxe handelt es sich um eine Focke-Wulf Fw 44 J, Baujahr 1940. Die "J" war die letzte in Serie gebaute Version und wurde mit einem 7-Zylinder-Sternmotor vom Typ Siemens-Halske Sh 14 A4 ausgerüstet, der 160 PS leistet.
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Keep 'Em Flying!
Noch ein paar Eindrücke vom regen Treiben auf und über der Bahn. Das war schon schön, die Quaxe in Aktion zu sehen ...
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Gegen Abend wurde dann auch noch die Pilatus P-3, F-AZQQ, startklar gemacht, die in den Farben der Schweizer Luftwaffe fliegt. Die Pilatus P-3 wurde Mitte der 50er Jahre gebaut und diente als militärisches Schulflugzeug. Die Schweizer Luftwaffe betrieb insgesamt 60 Maschinen dieses Typs. Der polierte Metallrumpf ist immer wieder eine Herausforderung für die Fotografen.
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Und als man dachte, man hat nun alles gesehen, gab es doch noch ein paar Überraschungen.
Fangen wir mit diesem durchaus exotisch erscheinenden Amphibienflugzeug mit seinem charakteristischen Doppelleitwerk und dem Druckpropeller an. Es handelt es sich – wie könnte es bei diesem eleganten Design anders sein - um einen italienischen Entwurf: eine SIAI Marchetti FN333 Riviera. Entworfen und gebaut wurde dieser Typ ursprünglich Anfang der 50er Jahre von dem italienischen Flugzeugbauer Fratelli Nardi, aber die Entwicklung der Maschine geht auf die 30er Jahre zurück. Nur 26 Maschinen wurden von der Riviera wurden gebaut, eine davon ist die N918NS.
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Zwar habe ich diese Maschine schon mal in Bienenfarm fotografiert, aber immer nur am Boden und nun schickte sie sich tatsächlich an, in den Himmel steigen.
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Dann tauchte die filigrane Silhouette dieses Fliegers auf ...
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... die den Pulsschlag des Fotografen gleich in die Höhe trieb, zumal die Maschine nicht zur Landung einschwebte, sondern zu einem spektakulären Überflug über den Platz ansetzte.
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Diese wunderschöne Maschine wurde 1943 als Ryan ST-3KR gebaut und repräsentiert in ihrer aktuellen Lackierung eine militärische Trainerversion, die in den 40er Jahren bei den amerikanischen Streitkräften eingesetzt wurde. Die Version ST-3KR trug damals die militärische Bezeichnung Ryan PT-22 Recruit. Ab 1941 kam die Recruit beim amerikanischen Army Air Corps (USAAC), bzw. dessen Nachfolger, der Army Air Force (USAAF), als Anfängertrainer (PT = Primary Trainer) zum Einsatz. Es wurden ca. 1.000 Maschinen gebaut.

Die N46502 ist Baujahr 1943. Untypisch für eine ST-3KR ist der hängende, luftgekühlte 6-Zylinder-Reihenmotor vom Typ Fairchild Ranger L-440-C-5 Inline mit einer Leistung von 200 PS. Die Ryan ST-3KR, bzw. ihr militärisches Pendant, die Ryan PT-22, war mit einem 5-Zylinder-Sternmotor vom Typ Kinner B-5 ausgerüstet, der maximal 125 PS leistete. Nach einem Unfall in den USA soll sie nach dem Wiederaufbau den Ranger-Motor bekommen haben, der zwar nicht mehr dem Original entsprach, aber zumindest aus der Produktionszeit der Ryan stammt.
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Aber unabhängig davon ist diese seltene Maschine mit ihrer farbenfrohen Lackierung ein absolutes Highlight.
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War es das schon? Nein, als i-Tüpfelchen des tollen Tages schwebte noch diese schöne Auster 6A Tugmaster aus britischer Produktion ein. Die OK-AOP ist Baujahr 1946 und trägt die Farben der Royal Air Force (RAF), in der die Auster 6A als Auster AOP.6 eingesetzt wurden. AOP steht für "Air Observation Post", also für ein Beobachtungsflugzeug. Erstaunlicherweise gibt es von der OK-AOP im Internet immer noch sehr wenige Bilder. Umso schöner, sie hier in der Abendsonne noch mal erwischt zu haben.
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Und damit gingen 9 Stunden bei bestem Spotterwetter und schönen Movements auf der Farm zu Ende. Ein guter Auftakt für die nächsten Veranstaltungen.

Den aktiven Quaxfliegern die besten Wünsche für eine tolle Saison in 2024 und ...
...always happy landings!



Ausmotten Rückblicke:

- LCBS - Quax-Ausmotten 2022 in Bienenfarm

- LCBS - Quax-Ausmotten 2019 in Bienenfarm

- LCBS - Quax-Ausmotten 2019 in Bienenfarm (der Donnerstag)

- LCBS - Quax-Ausmotten 2018 in Bienenfarm

- LCBS - Quax Ausmotten 2018 in Bienenfarm

- LCBS - Bei den Quax-Fliegern auf der Bienenfarm (Ausmotten 2016)


Alle Berichte zu Flugveranstaltungen der Quaxe und anderen Luftfahrt-Events im LCBS-Magazin:


- LCBS-Magazin - Inhaltsverzeichnis Berichte


Infos zu den Quax-Fliegern:

- Quax - Verein zur Förderung von historischem Fluggerät e. V.
Gruß Uwe :hi:


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Re: [Bericht] Quax Ausmotten 2024 in Bienenfarm

Beitrag von Karsten » Fr 3. Mai 2024, 21:41

:good: Woah! Uwe mal wieder ein super Eindruck von diesem Tag!

Den habe ich so auch noch nie gesehen.

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...und ...hätte wirklich auch mal Lust in so einem offenen Flieger mitzufliegen. Mal so ganz ohne Klimaanlage :yes:

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