[Bericht] Erstflug mit einer JetRanger

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[Bericht] Erstflug mit einer JetRanger

Beitrag von Spartacus » Di 28. Mai 2019, 20:31

Kurzfristig hatte sich für mich für den 25.05. die Mögliichkeit ergeben, eine Bell JetRanger III von Wolfenbüttel nach Thürungen zu überführen.

Es handelt sich dabei um die D-HSTA, eine Bell 206B-3 JetRanger (mit 5 Sitzen; der LongRanger hat dagegen noch eine zweite Rücksitzbank und 7 Sitze) der Heli-Services Thüringen, die aber hier von der Primary Copter in Braunschweig genutzt und angeboten wurde.
Die Maschine war am 25.05. im Rahmen des Maifestes der Stadt Wolfenbüttel dort für Rundflüge mit jeweils 4 Passagieren unterwegs. Start- und Endpunkt dieser jeweils ca. 10minütigen Runden war das "Oker-Stadion" in Wolfenbüttel. Allerdings sollte die Maschine noch an dem Abend wieder zu ihrem Heimatstandort in die Nähe von Sömmerda in Thüringen.

Das Ganze jetzt kurzfrisitig zwischen Donnerstag Mittag und Samstag zu organisieren, war eine kleine Herausforderung:

Ich fliege zwar seit einigen Jahren Hubschrauber, aber bisher ausschließlich die Hughes 300, auch als Schweizer 269C bekannt. Das ist ein kleiner Heli mit einem Kolbenmotor (Lycoming HIO 360-D1A mit 190 PS) und Dreiblatt-Rotor. Die JetRanger sollte mein erster Flug in einem Turbinen-Heli werden. Das geht nur mit Fluglehrer bzw. - genauer - Type Rating Instructor, da ich ja den Schein habe und "nur" das Type Rating fehlt. Der Rundflugpilot hat aber auch die entsprechenden Berechtigungen. Problem eins also gelöst.

Eigentlich hätte ich von 14 bis 19 Uhr noch ein Sport-Trainingsseminar. Einfach etwas früher aufgehört, und auch Problem zwei war gelöst.

Von Sömmerda bzw. dem kleinen Grasflugplatz Sömmerda-Dermsdorf, ICAO-Code EDBS, musste ich ja auch irgendwie wieder zurück nach Wolfenbüttel. Passenderweise ist der Geschäftsführer der Primary Copter auch Flugzeugpilot und bot sich an, mit einer Piper PA28 von Salzgitter-Drütte (EDVS) nach Sömmerda zu kommen und mich dann wieder mit zurück zu nehmen. Und schon war Problem drei gelöst.
Nur durften die Rundflüge nicht zu lange dauern, denn auch der Rückflug aus Sömmerda musste rechtzeitig vor der Nacht noch in Salzgitter-Drütte sein.

Es konnte also losgehen. Rechtzeitig war ich im Oker-Stadion und erlebte die Maschine noch auf ihren letzten Rundflügen des Tages.
Da stand sie auch schon, war aber noch mit Rundflügen beschäftigt:
Bild

Nach dem letzten Rundflug - die Bodencrew hatte inzwischen den kleinen Pavillion und die Absperrungen abgebaut - konnte ich direkt mit anpacken: Wir mussten etwas Equipment im Heli verstauen, das Doppelsteuer für den Flug mit Instructor einbauen und auch noch 100 Liter Sprit aus dem mobilen Tank, der im Caddy der Bodencrew eingebaut ist, nachfüllen.
So ganz grob: Die Kiste schluckt etwa 100 Liter "Kerosin" (Jet A1) in einer Betriebsstunde.
Die "kleine" Hughes 300 gönnt sich im Vergleich dazu sehr sparsame 50 Liter AvGas (Aviation Gasoline, 100LL).

Zeit für Fotos aus dem Cockpit hatte ich dann keine. Einsteigen, anschnallen, kurze Erläuterungen der Panels und des Startvorgangs, und dann ging es auch schon los.
Eine B206 zu starten, und dabei quasi direkt unter der anlaufenden Turbine zu sitzen, ist schon ein ganz besonderes Erlebnis.
Wenn Ihr auf Youtube nach "Bell JetRanger start up" sucht, bekommt Ihr vielleicht einen Eindruck.

Nachdem die Maschine auf Touren und aufgewärmt war, ging es auch schon los, und ich durfte abheben.
Wir sind dann im Steilstart rauf, bei ca. 30 Meter Höhe in den Vorwärtsflug und dann direkt auf Kurs Sömmerda gegangen.
Die Route führte uns am Oberharz vorbei etwa über Wernigerode und Hasselfelde direkt nach Sömmerda.
Die Wolkenuntergrenze war ausreichend hoch, auch wenn der Brocken selbst noch in Wolken lag.

Mitten auf der Strecke haben wir dann auch mal eine Autorotation (simulierter Triebwerksausfall mit sicherer Landung) eingebaut. Eine JetRanger lässt sich dabei hervorragend manövrieren.

Insgesamt ist die Fliegerei im Turbinenheli nicht mit einem einfachen Kolbenheli zu vergleichen.
Mit automatischer Drehzahlregelung, Hydraulik-Steuerung und mehr als ausreichender Leistung (bei der geringen Spritmenge und nur zwei Personen Besatzung) ist diese Fliegerei fast schon einfacher als Autofahren. Ein tolles Gefühl.

In Sömmerda angekommen wartete schon "mein" Rückflug. Ich bin dann aus dem noch laufenden Heli ausgestiegen und konnte mir dieses Stimmungsbild nicht verkneifen:
Bild

Aber kaum saß ich in der Piper, musste es auch schon losgehen, denn es war spät geworden. Zum Glück waren mit beiden Flugplätzen die späten Aktionen abgestimmt und gebilligt worden.
Start kurz vor Sonnenuntergang:
Bild
Ich musste allerdings nach hinten klettern, weil vorne zwei Piloten saßen, die mehr Ahnung von Flugzeugen haben, als ich ;-)

Weil sich die Wolkendecke noch einmal gehoben hatte, war auch der Rückflug kein Problem.
Ohne Wind und mit ein bisschen mehr "Gas" haben wir auch einige Minuten Zeit aufgeholt und waren rechtzeitig vor Einbruch der Nacht sicher in Salzgitter-Drütte:
Bild
Bessere Bilder von dieser Piper PA28-161 Cadet gibt es hier: D-EJTL

Und dann kam die übliche Prozedur: Maschine waschen, einhallen und natürlich das obligatorische "After Landing Beer" im Clubraum des Motorflug-Club Salzgitter.

Anschließend konnte ich noch eine Rückfahrt nach Wolfenbüttel ergattern, wo ja noch mein Auto stand, und endlich ging es wieder nach Hause, wo ich dann um 23 Uhr ankam.

Ein langer Tag, ein unvergessliches Erlebnis.

Ob ich das wiederholen werde? Keine Ahnung. Da die JetRanger derzeit nicht für private Flüge an Piloten verchartert wird, werde ich wohl kein Type Rating für diesen Typ machen und lieber bei den "günstigeren" Hubschraubern mit Kolbenmotor bleiben ;-)

Solltet Ihr aber mal die Gelegenheit haben, in einem solchen Hubschrauber mitzufliegen, dann lasst es Euch nicht entgehen.

Euer "Spartacus"

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Re: [Bericht] Erstflug mit einer JetRanger

Beitrag von Uwe » Di 28. Mai 2019, 21:19

Danke für deinen Reisebericht inkl. der "Strapazen" im Vorfeld und den kleinen Einblick in die Welt der Heli-Flieger :good:
Gruß Uwe :hi:


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Re: [Bericht] Erstflug mit einer JetRanger

Beitrag von Karsten » Mi 29. Mai 2019, 11:55

Spannender Bericht über den nicht "nur" Mitflug sondern die Unterschiede zwischen dem Kolben- und mit Jetheli! :good:

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