[Bericht] Four for Air Force One - HAJ 24.04.2016

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Uwe
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[Bericht] Four for Air Force One - HAJ 24.04.2016

Beitrag von Uwe » Di 26. Apr 2016, 21:11

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Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Barack Obama, besucht die Hannover-Messe, auf der die USA in diesem Jahr Partnerland sind. Diese Nachricht elektrisierte nicht nur Politik und Wirtschaft in der Region, sondern auch die hiesige Spotterszene. Denn es bestand die Aussicht, dass er mit der amerikanischen Präsidentenmaschine, der sogenannten Air Force One, in Hannover landen würde. Das wäre schon ein Ereignis, das sich so schnell nicht wiederholen würde. Natürlich wurde im Vorfeld auch spekuliert, ob er auf dem zivilen Flughafen landen würde, oder ob man aus Sicherheitsgründen auf den militärischen Flugplatz in Wunstorf ausweicht. Aber schnell verdichteten sich die Informationen, dass er in Hannover landen wird.

Damit begannen die Überlegungen, ob, wann und wie man die Möglichkeit hätte, die Air Force One vor die Linse zu bekommen. Denn eins war klar: für den amerikanischen Präsidenten gilt die höchste Sicherheitsstufe und damit ist mit erheblichen Einschränkungen rund um den Airport zu rechnen. Die verhängte temporäre Flugverbotszone im Umkreis von 50 Kilometern um den Airport Hannover verhieß auch für die Bewegungsfreiheit am Boden nichts Gutes.

Ein erstes Aufatmen, als die Polizeidirektion Hannover die Karte mit der Sicherheitszone rund um den Flughafen veröffentlichte. Für einen Anflug auf die Bahn 27 würde es potenziell gute Spotterpositionen geben, sofern nicht noch andere Sicherheitsmaßnahmen greifen würden. Außerdem bietet diese Seite auch eine gute (wenn auch nicht unbedingt günstige) Parksituation, da das Parkhaus P7 auch außerhalb der Sicherheitszone liegt. Für Anflüge auf die Bahn 09 sah es schon schlechter aus, weil die Sicherheitszone nach Westen ausgedehnter war. Hier würde entscheidend sein, aus welcher Richtung der Wind am Tag der Landung kommen würde. Bliebe dann noch die Frage Nord- oder Südbahn? Diese Frage war schnell beantwortet: Für die Boeing 747 ist die längere Nordbahn die erste Option, letzte Zweifel waren ausgeräumt, als bekannt wurde, dass die Südbahn als Parkplatz der Messe-Jets genutzt wird und somit für den Flugverkehr gesperrt ist. Zu guter Letzt kam dann noch der Hinweis, dass der Präsident „gegen Mittag“ erwartet wird. Damit waren die Rahmenbedingungen klar. Die große Unbekannte blieb das Wetter an diesem Tag.

Mit diesen Informationen überlegte sich der ein oder andere von uns, ob er zum Spotten der Air Force One fahren würde. Das Interesse war natürlich da, aber die große Frage war das Wetter. Im Laufe der Woche war klar, dass wir Westwind haben würden und somit die 27R die Landebahn sein wird. Schnell war der „ideale“ Standort mit Parkmöglichkeit gefunden, da man aber vor Überraschungen nicht sicher sein konnte, gab es auch einen Alternativ-Standort. Insofern war alles vorbereitet, nur der Wetterbericht machte echte Sorgen: Regen, Schnee, Graupel und Gewitter. Für das Ausharren auf der freien Pläne keine wirklich verlockenden Aussichten. War es das wirklich wert? Zumal die Air Force One im Graupelschauer auch kein wirklich gutes Foto ergeben würde, wenn überhaupt. Die Tendenz ging stark in Richtung warme Stube …

Der Plan: rot = Spotterpositionen, gelb = potentieller Blickwinkel für den Anflug, grün = Parkplatz (Karte Google Maps)
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Am 24.04. morgens wurde die Vorhersage für Hannover noch mal gecheckt. O. k., bis Mittag eher weniger Niederschlag, so richtig sollte es erst am Nachmittag losgehen. Und irgendwie hat es schon gejuckt, dieses außergewöhnliche Ereignis live mitzuerleben und - noch besser - die Air Force One abzulichten. Wann hätte man wieder die Chance? Also kurz entschlossen morgens um 7:30 Uhr gepostet, dass ich fahre und ob noch jemand Lust hätte mitzukommen. Schnell waren zwei Mitfahrer gefunden, Abfahrt ab BWE um 9:30 Uhr. Wir wollten zeitig vor Ort sein, weil wir nicht wussten, was uns erwartet würde. Kurz noch mal die Anlaufpunkte durchgesprochen, dann konnte es losgehen, fast jedenfalls. Am BWE gesellte sich noch ein weiterer Mitstreiter dazu, so dass wir nun „Four for Air Force One“ waren. So machten wir vier uns auf den Weg. Das war wohl eine der spontansten Spottertouren des LCBS …

Die Fahrt nach Langenhagen verlief problemlos. Keine Absperrungen auf unserer Route, aber es war einiges an Polizeipräsenz zu sehen. Wir steuerten den von uns präferierten Spotterpunkt am Anfang der 27R an und stellten fest, dass schon jede Menge Schaulustige und Spotter vor Ort waren - und natürlich auch die Polizei. Insofern schien es uns angebracht, uns einen Parkplatz zu suchen, an dem wir nicht Gefahr laufen würden, mit den Ordnungshütern zu kollidieren. Eine gute Entscheidung, wie sich später noch zeigen sollte. Wir sind weiter bis zum Tierheim gefahren, in der Hoffnung, damit die teuren Parkhausgebühren im Parkhaus vermeiden zu können. Da war zwar auch schon eine Menge los, aber wir konnten an der Straße noch gut parken. Den guten Kilometer Fußmarsch zurück haben wir gerne in Kauf genommen. Gegen halb elf haben wir unseren Platz an der Zufahrt zur JVA eingenommen und standen dann dort mit einigen anderen hundert Spottern. Diese verteilten sich entlang der gesamten Straße, so dass es keine Platzprobleme gab. Jeder hatte die Chance auf gute Bilder, auch die vielen, die noch nach uns gekommen sind.

Die Stimmung vor Ort war locker, zumal das Wetter wesentlich besser war als befürchtet und einige Biz-Jets und der Linienverkehr für ein nettes Vorprogramm sorgten. Gesprächsthemen gab es unter Gleichgesinnten genug. Und wenn man dann noch einen alten Spotterkollegen trifft, mit dem man vor 20 Jahren mal zusammen am Zaun in Hannover gestanden hat, bekommt die Veranstaltung bald schon einen familiären Charakter.

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Die Polizei war präsent, hielt sich aber im Hintergrund. Allerdings fing sie dann irgendwann an, die Fahrzeughalter aufzufordern, ihre Fahrzeuge entlang der Straße zu entfernen. Es begann ein munteres Katz- und Maus-Spiel, denn während die Polizei die Straße entlang ging und die ersten Fahrzeuge abfuhren, kamen von der anderen Seite wieder welche dazu. Eine Absperrung des Seitenstreifens mit Flatterband hätte für vielleicht für einige Missverständnisse weniger gesorgt. Nun ja, wir konnten dem Treiben ganz entspannt zusehen, stand unser Auto ja „save“ am Tierheim.

Mittlerweile war auch die Nachricht rum, dass die Präsidentenmaschine um 12:40 Uhr in Hannover landen sollte. Etwas später setzte sich eine Motorrad-Eskorte der Polizei in Marsch, die ihr Quartier bei der JVA hatte. Es tat sich also was. Jetzt schweifte der Blick doch öfter mal zur Uhr und zum Himmel. Nördlich am Platz zog eine dunkle Regenfront vorbei, auch im Süden immer mal ein paar Schauerwolken. Einige machten via Internet aus, dass eine Boeing 757 der US Air Force von England auf dem Weg Richtung Hannover ist, aber eigentlich erwarteten wir ja einen Jumbo, also eine Boeing 747. Davon war im Netz nichts zu sehen. Der Präsident in der Air Force Two? Oder inkognito ohne Ortungsmöglichkeit in der Air Force One? Die Spannung wuchs …

Die Air Force One taucht auf
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Dann sah man sie im Norden - die B757? Nein, es war eindeutig eine B747, die da kam. Und mit ihr kamen auch die dunklen Wolken, aber nicht nördlich oder südlich der Bahn, sondern direkt auf sie zu - und damit auch auf uns! Die 747 verschwand erst mal Richtung Osten. Immer wieder der Blick abwechselnd nach Westen oder besser gesagt, nach oben, wo sich die Schauerwolken mittlerweile befanden und nach Osten, wo die Air Force One auftauchen musste. Wird es mit dem Wetter klappen? Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis die Landescheinwerfer der Air Force One am Horizont auftauchten, gleichzeitig begannen auch die ersten kleinen Schneeflocken zu tanzen. Nur fünf Minuten früher und wir hätten die Präsidentenmaschine ohne diese kleinen weißen Punkte fotografieren können. Shit - but that's life oder Spotterschicksal halt. Eine gewisse Unruhe machte sich nun unter den Spottern breit, die Spannung war physisch fast spürbar. Letzte Prüfung der Einstellungen an der Kamera, nur nicht jetzt noch was vermasseln! Die Maschine kam näher und näher. Dann erhoben sich wie auf Kommando alle Kameras in eine Richtung und wenig später ertönte das Stakkato sämtlicher Kameraverschlüsse auf einer Strecke von mehreren hundert Metern - bis die Air Force One den Blicken entschwunden war. Dann - eine seltsame Stille, gesenkte Blicke auf die Kameramonitore und – anschließend doch ein allseits entspannter, zufriedener Ausdruck auf den Gesichtern der Umherstehenden. Yes - wir haben sie …!


Im Anflug
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"Ladies and Gentleman, the President of the United States of America ..."
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Die Maschine landete 12:41 Uhr Ortszeit. Danach löste sich die Menschenmenge schnell auf, denn das Schneetreiben wurde heftiger und es war kein Silberstreif am Horizont erkennbar, eher das Gegenteil. Aber was war mit der B757, die irgendwo noch bei 16.000 ft. in der Luft war? Kommt sie auch in Hannover runter, geht sie nach Wunstorf? Das wäre das I-Tüpfelchen, eine zweite Regierungsmaschine an diesem Tag! Wir beschlossen, zusammen mit einigen anderen noch an Ort und Stelle zu bleiben und abzuwarten. Aber als sich nach 20 Minuten noch nichts tat und sich die Maschine auch nicht eindeutig lokalisieren ließ, haben auch wir unsere Sachen gepackt und uns auf den Rückweg zum Auto gemacht.

Dort angekommen, haben wir noch mal einen Blick ins Netz geworfen, ob es einen neuen Stand zur B757 gab. Und – sie ist bei 7.800 ft., d. h., sie befindet sich im Sinkflug! Also Klamotten und Spotter ins Auto geschmissen, Türen zu und Gummi, Richtung unseres alten Standpunktes. Da dort nicht mehr viel los war, konnten wir rechts ranfahren, die Kamera schnappen und uns positionieren. Nur wenige Minuten später kam sie, die Air Force Two und ohne Schneegestöber! Unbelievable, zwei spektakuläre Movements an diesem Tag! Das hatte sich wahrlich gelohnt. Vergessen waren Schauer und Kälte an diesem Tag und manch ein Spotter mag sich geärgerten haben, dass er schon vorher abgerückt ist.

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Als wir die Bilder im Kasten hatten, war es dann endgültig Zeit zum Aufbrechen. Mittlerweile waren die Straßen rund um den Flughafen auch wieder gut zu befahren, da die Absperrungen wegen der Präsidentenkolonne aufgehoben waren. So sind wir dann gemütlich nach Braunschweig zurückgerollt. Letztendlich waren wir froh, dass wir uns am Morgen kurzfristig entschlossen haben, doch zu fahren. And - by the way – it was a great pleasure to be with you guys on the road again.


Alle Bilder des Tages im LCBS-Forum


Und hier noch ein Video-Clip, der die Stimmung an unserem Standpunkt gut mit bewegten Bildern eingefangen hat: Spiegel Online - Jäger der "Air Force One": Männer, die auf Flugzeuge starren
Gruß Uwe :hi:


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Re: [Bericht] Four for Air Force One - HAJ 24.04.2016

Beitrag von Karsten » Di 26. Apr 2016, 21:32

Auch wenn ich nicht mit euch unterwegs war, fühlte ich mich dank deines schönes Berichtes Live dabei! :good:
Und der Videobericht bringt die Atmosphäre auch noch einmal sehr schön rüber.

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Re: [Bericht] Four for Air Force One - HAJ 24.04.2016

Beitrag von falcon » Mi 27. Apr 2016, 08:29

Ganz herzlichen Dank für den wunderbaren Bericht! :good:

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Re: [Bericht] Four for Air Force One - HAJ 24.04.2016

Beitrag von Heiko » Mi 27. Apr 2016, 08:38

:good: ich konnte beim lesen quasi nochmal den Hagel im Gesicht spüren ... :grin:
Sehr schön! :)
Gruß vom Knipser :)

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Re: [Bericht] Four for Air Force One - HAJ 24.04.2016

Beitrag von 777-300ER » Mi 27. Apr 2016, 21:23

Schöner Bericht!

Eure Spannung auf den Flieger ist in dem Bericht richtig zu spüren.

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