
Flugplatzgebäude Strausberg

Die Firma LTS betreibt die gute alte Antonow An-2 mit der Registrierung D-FBAW, Baujahr 1956, vom Flugplatz Strausberg (EDAY) aus.
Neben Charter- und Rundflügen, wie die über Berlin, wird die An-2 auch für Flüge zur Insel Usedom eingesetzt. Etliche „Annas“ haben die die Auflösung der DDR überstanden und sind heute beliebte Attraktionen auf vielen regionalen Flugplatzfesten (z.B. am Salzgitter-See 2013). Auch am BWE war sie schon zu Gast.
Der Erstflug dieses größten noch aktiven Doppeldeckers der Welt fand 1947 statt. Wobei es sich streng genommen um einen Eineinhalbdecker handelt. Als unverwüstliches Arbeitstier, wurde sie in allen Armeen des damaligen Warschauer Pakts eingesetzt. Aber auch im zivilen Bereich fand sie sehr rege Verwendung, z. B. bei der Lufthansa der DDR - später Interflug - und als Agrarflugzeug.
Die „Anushka“ tat ihren Dienst bei den Luftstreitkräften der NVA, wurde nach Belgien verkauft und kehrte als „Zivilist“ in die Bundesrepublik zurück. Nach ihrer Umrüstung hat sie nun Sitzplätze für neun Passagiere. Zwar ist sie von der Lackierung auf die Zeit ihrer militärischen Verwendung getrimmt, allerdings entsprechen die Farben nicht der Originallackierung aus dieser Zeit, schade eigentlich.
"Classic Antonow"

Um 12:45 ging es los. Das Anlassen des 1.000-PS starken Sternmotors ist immer wieder ein Erlebnis (hier übrigens dankenswerter Weise von Marianne im Bild festgehalten, da hilft auch kein 3-Wetter-Taft).

Nun ja, und der Sound eines Sternmotors dieser Größenordnung ist eh‘ was ganz Spezielles.
Über die 05 ging es vorbei an Tower und Abfertigung nach einer Rechtskurve in Richtung Lichterfelde. Südlich an Berlin Mitte vorbei kam dann bald der alte Flughafen Tempelhof in Sicht, der ja leider 2008 geschlossen wurde. Dort dann eine Kehre in Richtung Nord-Ost und wieder zurück in Richtung Strausberg. Guter Orientierungspunkt war der Funkturm am Alex. Nach einer halben Stunde kam dann der Flugplatz Strausberg wieder in Sicht.
Flugplatz Strausberg

"Flying through the air ..."

Plattenbausiedlung in Marzahn

Kurve über einem Berliner Aussenbezirk

Blick ins Cockpit über Berlin

Flughafen Tempelhof

Fernsehturm am Alex, links davon die Museumsinsel

Spreeimpression

Strausberg

Nach der Landung ein Blick ins Cockpit ...

und die obligatorische Fotorunde.




Und wenn man schon mal da ist …

Wie könnte man Ortsname und Fliegerei besser verbinden?

Das Flugplatzmuseum
Direkt gegenüber des Flughafengebäudes befindet sich ein kleines Museum, das die doch sehr umfangreiche und bewegte Geschichte der Fliegerei in Strausberg beleuchtet. Sie beginnt früh mit dem Strausberger Flieger Felix Schulz, der 1913 den Flugzeugführerschein mit der Nr. 367 erwirbt. Nach dem ersten Weltkrieg verbreitete sich zunächst der Segelflug, da in Deutschland nach dem Versailler Vertrag keine Motorflugzeuge betrieben werden durften. 1927 entstand dann am heutigen Standort der Flugplatz Strausberg.
Wie viele Flugplätze wurde er ab den 30er Jahren militärisch genutzt. Neben verschiedenen Jagdfliegereinheiten und Transportstaffeln, die jedoch nur kurzeitig auf dem Platz stationiert waren, war Strausberg der Standort der Navigationsschule der Luftwaffe mit ihren Ausbildungsstaffeln. Gleichzeitig erfolgte der Ausbau zu einem sog. Industrieflughafen. Hier wurden diverse Flugzeugtypen der Luftwaffe gewartet und repariert.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der Platz zunächst von den sowjetischen Luftstreitkräften bis 1952, ab 1953 von der Volkspolizei Luft genutzt (mit zwei An-2). 1957 verlegte das „Kommando der Luftstreitkräfte und Luftverteidigung LSK/LV“ , also das Luftwaffenhauptquartier, nach Strausberg. Damit verbunden war auch die Verlegung der Verbindungsfliegerstaffel VS-25, später VS-14, zu deren Bestand u.a. auf einige AN-2 gehörten.
Nach der Wiedervereinigung wurde die VS-14 dem Lufttransportgeschwader LTG 65 unterstellt, aber bereits 1991 aufgelöst. Danach erfolgte die Überführung des Militärflugplatzes in einen Verkehrslandeplatz.
Das kleine Museum, das von einem Förderverein betrieben wird, enthält zwar nicht so viele Exponate, aber viele Schautafeln mit Texten und Bildern beschreiben anschaulich die über 100-jährige Geschichte der Strausberger Fliegerei und geben auch einen Einblick in die wechselvolle deutsche Geschichte. Wir hatten das Glück einer kleinen Führung durch den 2. Vorsitzenden des Vereins, der uns sehr anschaulich durch die Geschichte der Fliegerei in Strausberg führte. Sehr interessant dabei auch die Bibliographien einiger Persönlichkeiten, die mit der Strausberger Fliegerei verbunden sind.
Für uns am faszinierendsten war die Geschichte von Beate Uhse-Köstlin. Jeder kennt ihr Versandunternehmen, das sie nach dem zweiten Weltkrieg erfolgreich aufgebaut hat, jedoch kaum einer kennt ihre Geschichte als Fliegerin, die 1937 mit 17 Jahren ihren Pilotenschein erwarb. Von 1938 bis 1943 war sie als Einfliegerin der Firmen Bücker und dem Reparaturbetrieb Alfred Friedrich in Rangsdorf und Strausberg tätig. Ab 1944 überführte sie im Range eines Hautmanns Jagd- und Sturzkampfflugzeuge von den Reparaturwerken zu den Frontverbänden. Über 60 solcher gefährlichen Flüge hat sie durchgeführt. Noch im April 1945 begann ihre Umschulung auf die Messerschmit Me 262, dem ersten einsatzreifen Düsenjäger der Welt, die aber aufgrund des Kriegsendes nicht abgeschlossen wurde. Nach einer dramatischen Flucht aus dem von der Roten Armee eingeschlossenen Berlin landete sie am 30.05.1945 im Schleswig-Holsteinischen Leck. Eine für eine Frau ungewöhnliche Geschichte in dieser Zeit.
Kleines Hightlight für mich als ehemaligen Plastikmodellbauer: Alle für Strausberg relevanten Flugzeug-Typen sind als Modell ausgestellt, zum größten Teil in einer Sonderausstellung zur 100-jährigen Geschichte des Flugplatzes. Da alle Modelle der Sonderausstellung vom 2. Vorsitzenden stammen, der mit uns die Führung machte, war das natürlich eine gute Gelegenheit zum „Fachsimpeln“.
Das Flugplatzmuseum mit Trabbi

Blick in den Austellungsraum

Tragflächenteil einer Antonow An-2

Modelle von Flugzeugen der Navigationsschule, sehr interessant die Lackierung dieser Maschinen

Schautafeln zum Fliegerleben von Beate Uhse-Köstlin

Liebevolles Modell der "Bücker Bü 131 Jungmann mit Sternmotor" von Beate Uhse-Köstlin, bei der es sich wohl aber um eine Bücker Bü 133 Jungmeister handeln dürfte. Als Beate Uhse den Flugplatz Strausberg 1994 besuchte, wurde sie nach der Farbe ihres Halstuches gefragt, das sie damals in ihrer Zeit als Einfliegerin immer getragen hat: selbst dieses Detail ist im Modell-Display mit eingeflossen.

Kleiner Ausschnitt aus der Modellbausammlung, die im Rahmen der Sonderaustellung 100-Jahre Fliegerei in Strausberg ausgestellt ist

Antonow An-2 mit der taktischen Kennung "804", die gleiche, die Anushka auf dem Rumpf trägt, allerdings in authentischer Lackierung. Hier schließt sich der Kreis

Nach so viel geballter Luftfahrt ging es wieder in einen Doppeldecker, aber nicht zurück zur „Anushka“, sondern ins gleichnamige Lokal am Flugplatzgelände.

Das Candle-Light-Dinner am Abend habe ich dann aber mit Marianne ganz allein genossen. Das war ein schöner Abschluss der Nostalgie-Reise über Berlin und in einen kleinen Teil deutscher Luftfahrtgeschichte.