von Revilo » Mi 21. Apr 2010, 01:30
Ich muß mal ein paar Sachen klarstellen.
Fliegen nach VFR heißt nicht "Navigation nach Sicht", das ist ein häufiges Mißverständnis. VFR heißt (im Luftraum E):
[*]Wahl von Route und Flughöhe in eigener Verantwortung
[*]Keine Freigaben und keine Hörbereitschaft im Funk erforderlich
[*]Die Staffelung zu anderen Flugzeugen erfolgt durch Sicht nach draußen in eigener Verantwortung, die Ausweichregeln sind zu beachten
[*]Der Fluginformationsdienst stellt Verkehrsinformationen zur Verfügung, nur soweit Kapazitäten frei sind
[*]Die Führung des Flugzeugs (Halten der gewünschten Fluglage = Quer- und Längsneigung) erfolgt anhand des natürlichen Horizonts, da der Luftfahrzeugführer den Luftraum beobachten muß
Damit das sinnvoll funktionieren kann, muß eine rechtzeitige Erkennbarkeit von anderen Luftfahrzeugen gegeben sein. Die Regeln sind einfach: Flugsicht mindestens 8km, Abstand von Wolken mindestens 1,5 km vertikal und 1.000 ft vertikal, Höchstgeschwindigkeit 250 Knoten. Wenn das Wetter dafür nicht ausreicht, ist kein Flug nach VFR möglich.
Da die Route frei gewählt werden kann, kann selbstverständlich die elektronische Ausrüstung des Flugzeugs zur Navigation benutzt werden. Es spricht nichts dagegen, den Autopiloten eine FMS-programmierte Route abfliegen zu lassen. Um einem anderen Luftfahrzeug oder einer Wolke auszuweichen, muß man natürlich eingreifen.
Oberhalb von FL100 sind unter normalen Bedingungen nur kontrollierte Sichtflüge (CVFR) möglich. Die Unterschiede zu reinen VFR-Flügen sind entscheidend:
[*]Es ist eine Freigabe und Hörbereitschaft im Funk erforderlich
[*]Route und Flughöhe werden durch die Flugsicherung vorgegeben und mit Hilfe der Funknavigationsausrüstung abgeflogen
[*]Es erfolgt eine Staffelung von IFR-Flügen zu VFR-Flügen, nicht aber von VFR-Flügen untereinander
[*]Verkehrsinformationen über andere VFR-Flüge werden erteilt (Ausweichempfehlungen auf Anfrage)
[*]Höchstgeschwindigkeit von 250 Knoten entfällt
Für beide Arten von Flügen gilt weiterhin:
[*]Führung des Flugzeugs nach Sicht
[*]Flugsicht und Wolkenabstände wie oben
Der einzige Unterschied (allerdings ein entscheidender!) zwischen CVFR und IFR ist also die Möglichkeit, in schlechtem Wetter ohne ausreichende Sicht das Flugzeug nach Instrumenten zu führen, sprich den künstlichen Horizont und andere Basisinstrumente zu benutzen und den Blick nach draußen nicht mehr nötig zu haben.
Wenn das Wetter so gut ist wie in den letzten Tagen - ausgezeichnete Sichten und nur vereinzelt Wolken - dann gibt es in der Praxis so gut wie keinen Unterschied zwischen CVFR und IFR.
Ein zweites Mißverständnis möchte ich noch ansprechen: Viele denken, dass man bei Flügen nach IFR generell nicht rausschauen muß und sich die Flugsicherung komplett um die Staffelung von anderen Flugzeugen kümmert. Das ist falsch! Im Luftraum E treten bei Sichtflugbedingungen IFR- und VFR-Flüge gemischt auf, und IFR-Flüge müssen genauso wie alle anderen Teilnehmer am Luftverkehr die Ausweichregeln einhalten und dafür intensiv den Luftraum beobachten. Der Luftraum E beginnt schon unterhalb von FL100, jeder IFR-An- und Abflug von Braunschweig befindet sich also eine ganze Weile in diesem Luftraum.
Man liest ja derzeit viel von "Wildwest" und "Chaos". Mit den obigen Informationen kann sich jeder selbst noch einmal überlegen, wo denn in der Praxis (bei gutem Wetter!) der Unterschied zwischen CVFR und IFR liegt und ob dieser Unterschied wirklich sicherheitsrelevant ist.
Und noch etwas: VFR-Flüge über den Wolken sind legal, sogar über geschlossenen Wolkendecken. Wer das Gegenteil behauptet, soll die entsprechenden Paragraphen zitieren.
Was nach VFR nicht geht, ist das Einfliegen in eine Wolke und damit das Durchfliegen einer geschlossenen Wolkendecke. Allerdings kann man das vom Boden aus schlecht beurteilen. Wenn es sich um mehrere Wolkenschichten mit jeweils 4 bis 7 Achteln Bedeckungsgrad handelt, sieht man nichts blaues mehr am Himmel. Wenn das Flugzeug über der ersten Schicht fliegt, kann das von unten so aussehen, als würde es in der Wolke verschwinden. Auch eine Inversion kann in der Schrägsicht von unten wie eine geschlossene Wolkendecke aussehen, obwohl man oben die ganze Zeit mehr als 20 km Flugsicht hat. Man sollte also mit solchen Behauptungen vorsichtig sein.
Das Problem, was die Airlines jetzt haben, liegt eigentlich nur in der Genehmigung des Luftfahrtunternehmens begründet, dem AOC. Diese Genehmigung legt verbindliche Verfahren für den Flugbetrieb mit Passagieren fest, und in der Regel sind dort VFR-Flüge mit Verkehrsflugzeugen schlicht untersagt. Überführungsflüge, bei denen nur die Besatzung an Bord ist, sind aber möglich. Genau das kam heute mittag auch in den Nachrichten: Viele Fluggesellschaften brachten heute Flugzeuge leer nach VFR oder CVFR in die Urlaubsorte, um rechtzeitig zum Wiederbeginn des normalen Flugbetriebs vor Ort zu sein.
Ich muß mal ein paar Sachen klarstellen.
Fliegen nach VFR heißt nicht "Navigation nach Sicht", das ist ein häufiges Mißverständnis. VFR heißt (im Luftraum E):
[*]Wahl von Route und Flughöhe in eigener Verantwortung
[*]Keine Freigaben und keine Hörbereitschaft im Funk erforderlich
[*]Die Staffelung zu anderen Flugzeugen erfolgt durch Sicht nach draußen in eigener Verantwortung, die Ausweichregeln sind zu beachten
[*]Der Fluginformationsdienst stellt Verkehrsinformationen zur Verfügung, nur soweit Kapazitäten frei sind
[*]Die Führung des Flugzeugs (Halten der gewünschten Fluglage = Quer- und Längsneigung) erfolgt anhand des natürlichen Horizonts, da der Luftfahrzeugführer den Luftraum beobachten muß
Damit das sinnvoll funktionieren kann, muß eine rechtzeitige Erkennbarkeit von anderen Luftfahrzeugen gegeben sein. Die Regeln sind einfach: Flugsicht mindestens 8km, Abstand von Wolken mindestens 1,5 km vertikal und 1.000 ft vertikal, Höchstgeschwindigkeit 250 Knoten. Wenn das Wetter dafür nicht ausreicht, ist kein Flug nach VFR möglich.
Da die Route frei gewählt werden kann, kann selbstverständlich die elektronische Ausrüstung des Flugzeugs zur Navigation benutzt werden. Es spricht nichts dagegen, den Autopiloten eine FMS-programmierte Route abfliegen zu lassen. Um einem anderen Luftfahrzeug oder einer Wolke auszuweichen, muß man natürlich eingreifen.
Oberhalb von FL100 sind unter normalen Bedingungen nur kontrollierte Sichtflüge (CVFR) möglich. Die Unterschiede zu reinen VFR-Flügen sind entscheidend:
[*]Es ist eine Freigabe und Hörbereitschaft im Funk erforderlich
[*]Route und Flughöhe werden durch die Flugsicherung vorgegeben und mit Hilfe der Funknavigationsausrüstung abgeflogen
[*]Es erfolgt eine Staffelung von IFR-Flügen zu VFR-Flügen, nicht aber von VFR-Flügen untereinander
[*]Verkehrsinformationen über andere VFR-Flüge werden erteilt (Ausweichempfehlungen auf Anfrage)
[*]Höchstgeschwindigkeit von 250 Knoten entfällt
Für beide Arten von Flügen gilt weiterhin:
[*]Führung des Flugzeugs nach Sicht
[*]Flugsicht und Wolkenabstände wie oben
Der einzige Unterschied (allerdings ein entscheidender!) zwischen CVFR und IFR ist also die Möglichkeit, in schlechtem Wetter ohne ausreichende Sicht das Flugzeug nach Instrumenten zu führen, sprich den künstlichen Horizont und andere Basisinstrumente zu benutzen und den Blick nach draußen nicht mehr nötig zu haben.
Wenn das Wetter so gut ist wie in den letzten Tagen - ausgezeichnete Sichten und nur vereinzelt Wolken - dann gibt es in der Praxis so gut wie keinen Unterschied zwischen CVFR und IFR.
Ein zweites Mißverständnis möchte ich noch ansprechen: Viele denken, dass man bei Flügen nach IFR generell nicht rausschauen muß und sich die Flugsicherung komplett um die Staffelung von anderen Flugzeugen kümmert. Das ist falsch! Im Luftraum E treten bei Sichtflugbedingungen IFR- und VFR-Flüge gemischt auf, und IFR-Flüge müssen genauso wie alle anderen Teilnehmer am Luftverkehr die Ausweichregeln einhalten und dafür intensiv den Luftraum beobachten. Der Luftraum E beginnt schon unterhalb von FL100, jeder IFR-An- und Abflug von Braunschweig befindet sich also eine ganze Weile in diesem Luftraum.
Man liest ja derzeit viel von "Wildwest" und "Chaos". Mit den obigen Informationen kann sich jeder selbst noch einmal überlegen, wo denn in der Praxis (bei gutem Wetter!) der Unterschied zwischen CVFR und IFR liegt und ob dieser Unterschied wirklich sicherheitsrelevant ist.
Und noch etwas: VFR-Flüge über den Wolken sind legal, sogar über geschlossenen Wolkendecken. Wer das Gegenteil behauptet, soll die entsprechenden Paragraphen zitieren.
Was nach VFR nicht geht, ist das Einfliegen in eine Wolke und damit das Durchfliegen einer geschlossenen Wolkendecke. Allerdings kann man das vom Boden aus schlecht beurteilen. Wenn es sich um mehrere Wolkenschichten mit jeweils 4 bis 7 Achteln Bedeckungsgrad handelt, sieht man nichts blaues mehr am Himmel. Wenn das Flugzeug über der ersten Schicht fliegt, kann das von unten so aussehen, als würde es in der Wolke verschwinden. Auch eine Inversion kann in der Schrägsicht von unten wie eine geschlossene Wolkendecke aussehen, obwohl man oben die ganze Zeit mehr als 20 km Flugsicht hat. Man sollte also mit solchen Behauptungen vorsichtig sein.
Das Problem, was die Airlines jetzt haben, liegt eigentlich nur in der Genehmigung des Luftfahrtunternehmens begründet, dem AOC. Diese Genehmigung legt verbindliche Verfahren für den Flugbetrieb mit Passagieren fest, und in der Regel sind dort VFR-Flüge mit Verkehrsflugzeugen schlicht untersagt. Überführungsflüge, bei denen nur die Besatzung an Bord ist, sind aber möglich. Genau das kam heute mittag auch in den Nachrichten: Viele Fluggesellschaften brachten heute Flugzeuge leer nach VFR oder CVFR in die Urlaubsorte, um rechtzeitig zum Wiederbeginn des normalen Flugbetriebs vor Ort zu sein.