
Jumbojet SOFIA landete in Stuttgart
Uni erhält erhofften Zuschlag
Von Rainer Klüting, Stuttgarter Zeitung
21.07.2004 - aktualisiert: 05.09.2007
Freude an der Universität Stuttgart: Für die nächsten 20 Jahre wird das fliegende Observatorium SOFIA (Stratospheric Observatory for Infrared Astronomy) seinen deutschen Heimatflughafen in Echterdingen haben. Der umgebaute Jumbojet wird etwa zwei Wochen im Jahr auch zu besichtigen sein.
Eine fliegende Flöte nennen ihn manche. Flöten haben nämlich auf der Oberseite ein Loch, und das hat auch der Jumbojet, den amerikanische und deutsche Wissenschaftler haben umbauen lassen. Das Loch am hinteren Ende des Rumpfs der Boing 747 SP dient aber nicht dazu, Töne zu erzeugen. Vielmehr wird dort während des Flugs ein leistungsfähiges Spiegelteleskop von mehr als 2,5 Meter Durchmesser Infrarotstrahlung aus dem Weltall empfangen und damit Galaxien beobachten und die Entstehung von Sternen erforschen. "Stratosphärisches Observatorium für Infrarotastronomie" heißt das deutsch-amerikanische Projekt, kurz Sofia.
Seit 20 Jahren wird Sofia vorbereitet. Geldmangel verzögerte das Projekt immer wieder. Spannend war in den letzten Monaten die Frage, wo das deutsche Betriebszentrum angesiedelt werden sollte. Schließlich finanziert Deutschland zwanzig Prozent der Bau- und Betriebskosten. Beworben hatten sich die Universitäten Köln und Stuttgart. Gestern Morgen meldete die Universität Stuttgart ihren Erfolg: Das deutsche Betriebszentrum für Sofia wird Stuttgart sein. Das Konzept der Stuttgarter hatte offenbar beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt überzeugt; außerdem soll es, wie zu hören war, auch politische Unterstützung aus dem Land gegeben haben. In etwa drei Monaten soll der Vertrag unterschrieben werden. In den nächsten zwanzig Jahren wird der Jumbo immer mal wieder von Stuttgart aus starten und auf dem Echterdinger Flughafen gewartet werden. Während dieser Wartungszeiten von zweimal etwa einer Woche pro Jahr kann das Flugzeug besichtigt werden.
An dem Projekt sind auf deutscher Seite vier Institute der Stuttgarter Universität beteiligt, außerdem der Flughafen, die Steinbeis-Stiftung für Technologietransfer, 15 mittelständische Firmen aus dem Land sowie das Planetarium und fünf Schulen. Mit zum Konzept von Sofia gehört nämlich die Öffentlichkeitsarbeit. An 15 der 30 Flüge unter deutscher Regie pro Jahr werden Schülergruppen teilnehmen dürfen; ein Flug dauert etwa sieben Stunden. Kooperationspartner sind das Eberhard-Ludwigs-Gymnasium, die Michael-Bauer-Schule und die Merz-Schule in Stuttgart, das Johannes-Kepler-Gymnasium im Weil der Stadt und das Schiller-Gymnasium in Marbach. Die Schülergruppen müssen sich im Unterricht intensiv vorbereiten.
Der Jungfernflug ist für Anfang 2005 vorgesehen; der Betrieb wird, mit einigen Testflügen, im Herbst 2005 beginnen. Wann die ersten Schüler mitfliegen dürfen, ist offen. Viele Flüge werden nicht in Stuttgart beginnen, sondern im Heimatflughafen südlich von San Francisco oder in Neuseeland.
Sofia hat zwei Vorläufer: 1969 starteten die USA ein Teleskop auf einem Lear-Jet, 1974 den Nachfolger Kao. 1996 wurde Kao aus finanziellen Gründen stillgelegt. Seitdem gab es keine Infrarot-Astronomie vom Flugzeug aus, obwohl nur dort oben, in 12 bis 15 Kilometer Höhe, die Luft klar genug ist für Blicke tief ins Weltall hinein. Allein das in Deutschland gebaute Teleskop hat mehr als 40 Millionen Euro gekostet; für Betriebskosten sind in den nächsten zwanzig Jahren 80 bis 100 Millionen Euro veranschlagt.