B-767 "Gimli Glider" 1983

Rund um das Thema Luftfahrt
charly

B-767 "Gimli Glider" 1983

Beitrag von charly » Sa 31. Okt 2009, 03:48

Das war der Flug über den wir gestern diskutiert hatten,

Quellen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Air-Canada-Flug_143 ....und.... http://en.wikipedia.org/wiki/Gimli_Glider

Eine 767-200 (Lothar lag mal wieder richtig) und verwechselt wurden lb / kg, doch nicht gal / l

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Zur Betankung einer Boeing 767 mit Kerosin wird gewöhnlich der Fuel Quantity Information System Processor (FQIS) genutzt. Dieser bedient alle Pumpen im Flugzeug und gibt einen Status über die Menge des an Bord befindlichen Kraftstoffs. Der FQIS funktionierte jedoch nicht zuverlässig, was später auf eine schadhafte Lötstelle zurückgeführt wurde. Aufgrund dieser bekannten Unzuverlässigkeit verwendete man einen Messstab, um die aufgenommene Kerosinmenge zu bestimmen.
Laut Messstab befanden sich insgesamt 11.525 Liter in den Tanks.

Der fatale Fehler trat schließlich bei der Umrechnung von Volumen in Gewicht auf. Während nämlich in allen anderen Flugzeugen und Handbüchern mit der anglo-amerikanischen Gewichtseinheit Pfund (lb) gerechnet wurde, war das betroffene Muster das erste in der Flotte von Air Canada, welches die Treibstoffmenge in Kilogramm verwaltete. Aus Gewohnheit verwendeten die Piloten den Umrechnungsfaktor von 1,77 lb/l, obwohl sie den Umrechnungsfaktor 0,8 kg/l hätten verwenden müssen. So kamen sie immer wieder auf ein falsches Ergebnis ohne es zu merken.

Entsprechend dem neuen Flugplan nach Winnipeg hatte die Boeing bereits die Reiseflughöhe verlassen und war auf 28.000 Fuß gesunken, als der Treibstoff ausging.

Da es im Handbuch keinerlei Angaben darüber gab, wie das Flugzeug ganz ohne Triebwerke zu fliegen sei, und dieser Zustand auch bei der Ausbildung im Flugsimulator nicht behandelt worden war, steuerte der Kapitän den Gleitwinkel so, dass sich eine Geschwindigkeit von 220 Knoten (ca. 407 km/h) ergab. Er schätzte, bei dieser Geschwindigkeit den besten Gleitwinkel zu haben.

Der Copilot versuchte derweil zu berechnen, ob die Höhe noch für einen Gleitflug bis nach Winnipeg reichen würde. Dazu benutze er die Angaben des mechanischen Höhenmessers, während gleichzeitig die zurückgelegte Strecke per Radar ermittelt und über Funk vom Fluglotsen durchgegeben wurde. Wie sich herausstellte, verlor die Boeing 5.000 Fuß (1.500 m) Höhe auf etwa 10 nautische Meilen (19 km) Strecke, was einem Gleitwinkel von etwa 1:12 entspricht. Damit war klar, dass man es nicht bis Winnipeg schaffen würde.

Der Copilot, ein ehemaliger Militärpilot der Royal Canadian Air Force, wählte daraufhin seinen 12 Meilen entfernten ehemaligen Stützpunkt in Gimli als Landepunkt aus, der über zwei parallele Landebahnen verfügte, von denen die südwestliche (32L) die breitere und vorrangig benutzte war. Diese flog er demnach an. Was er nicht wusste (und auch der Fluglotse in Winnipeg nicht): Der Flughafen in Gimli war mittlerweile zu einem öffentlichen Flugplatz geworden, wobei gerade die 32L außer Dienst gestellt und teilweise mit Leitplanken in eine ganze Anzahl einzelner Bahnen für Dragster- und andere Autorennen aufgeteilt worden war. Genau an diesem Tag fand dort ein großes Familienfest eines Motorsportvereins mit Go-Kart-Rennen statt, so dass dieser Teil der ehemaligen Landebahn von Publikum, Go-Karts, Fahrzeugen und Wohnwagen dicht bevölkert war.

....Nach einer Untersuchung wurde der Kapitän für die Dauer von sechs Monaten degradiert. Der Copilot und einige Mechaniker wurden vorübergehend suspendiert. In der Presse erhielt dieses Flugzeug, welches nach einem letzten Flug mit den Beteiligten von damals am 24. Januar 2008 auf dem Mojave-Airport in Kalifornien außer Dienst gestellt wurde, den Spitznamen „Gimli Glider“.
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Re: B-767 "Gimli Glider" 1983

Beitrag von Swen » Sa 31. Okt 2009, 10:39

Eine 767-200 (Lothar lag mal wieder richtig) und verwechselt wurden lb / kg, doch nicht gal / l
*hust* das war ich...

Wer sich ein bisschen mehr dafür Interessiert, kann mal hier lesen:

http://www.smartcockpit.com/pdf/plane/b ... tems/0008/

Da ist auch ein Bild von dem befindlichen Instrumenten vom Overhead-Panel. Dort steht in Schrift auch noch mal das Gewicht. LB oder KG je nach dem.
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Re: B-767 "Gimli Glider" 1983

Beitrag von Revilo » Sa 31. Okt 2009, 19:23

Aus dem englischen Wikipedia-Artikel:
Captain Pearson, however, was an experienced glider pilot, which gave him familiarity with some flying techniques almost never used by commercial pilots. In order to have the maximum range and therefore the largest choice of possible landing site, he needed to fly the 767 at a speed known as the "best glide ratio speed". Making his best guess as to this speed for the 767, he flew the aircraft at 220 knots...
[...]
As the runway drew nearer, it became apparent that the aircraft was too high and fast. They ran the risk of running out of runway before the aircraft stopped. The lack of hydraulic pressure prevented flap/slat extension. These devices are used under normal landing conditions to reduce the speed of the aircraft for a safe landing. They briefly considered executing a 360 degree turn but came to the conclusion they did not have enough altitude for the maneuver. Pearson decided to execute a forward slip to increase drag and lose altitude. This maneuver is commonly used with gliders and light aircraft to descend more quickly.
Segelflugerfahrung ist immer nützlich, auch in anderen Sparten der Fliegerei. Das hat man ja auch bei der Landung eines Airbus-Segelflugzeugs im Hudson wieder einmal gesehen.

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Re: B-767 "Gimli Glider" 1983

Beitrag von Swen » So 1. Nov 2009, 10:31

Eine slippende 767 würde ich auch gerne mal in real live sehen. :)
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Re: B-767 "Gimli Glider" 1983

Beitrag von platzrundendreher » So 1. Nov 2009, 21:09

Och, eigentlich kein Problem - setz nur einen Fußgänger auf den Pilotensitz!
Na gut, das wird wohl kaum vorkommen....
Aber interessant wäre es! ;-)

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Re: B-767 "Gimli Glider" 1983

Beitrag von Swen » So 1. Nov 2009, 21:58

Der Fussgänger hat keine Ahnung vom slippen....
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Re: B-767 "Gimli Glider" 1983

Beitrag von platzrundendreher » So 1. Nov 2009, 22:01

Stimmt, er macht es automatisch und weiß nicht, wie es heißt!

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Re: B-767 "Gimli Glider" 1983

Beitrag von Swen » So 1. Nov 2009, 22:01

Ja, das was er automatisch macht ist abstürzen...
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Re: B-767 "Gimli Glider" 1983

Beitrag von platzrundendreher » So 1. Nov 2009, 22:10

Och, ich habs ein paar mal probiert...
Ich gebe zu, ein Slip ist es nicht wirklich, aber abstürzen ist es auch nicht.
Letztendlich ist es eine zu erwartende unkoordinierte Kurve, die in eine Steilspirale endet.
Der Kommentar ist meist: "Was soll ich jetzt machen, mach du weiter!"
Aber sehr lustig! ;-)

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Re: B-767 "Gimli Glider" 1983

Beitrag von Revilo » Mo 2. Nov 2009, 19:46

"Einfach alles loslassen... und jetzt 5 Sekunden warten..." ist die beste Recovery für verzweifelte Fußgänger am Steuer. Ohne Einfluß fliegt das Flugzeug am besten.

Ein Slip mit einem Verkehrsflugzeug ist keine gute Idee. Wer weiß, ob bei Boeing so ein Lastfall überhaupt mal durchgerechnet wurde. Womöglich flattert einem die Höhenflosse davon, wenn sie von den Wirbeln getroffen wird, die vom seitlich angeströmten Rumpf kommen. Die Triebwerke mögen das auch nicht, wenn sie plötzlich vom Rumpf abgeschattet werden. Was die Bordcomputer aus den Abweichungen der drei Air Data Computers machen, wäre auch noch zu klären. Einen Segelflieger stört das nicht, wenn der Fahrtmesser im Endanflug auf "Null" steht, aber was ein gestandener Autothrottle-Computer dazu sagt, kann man sich denken :grin:

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Re: B-767 "Gimli Glider" 1983

Beitrag von Swen » Mo 2. Nov 2009, 21:58

Das verstehe ich nicht. Wenn ich tierischen Seitenwind habe, muss ich auch ins Ruder treten. Wäre damit das Problem der Lastverteilung nicht geklärt?!
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Re: B-767 "Gimli Glider" 1983

Beitrag von platzrundendreher » Mo 2. Nov 2009, 22:17

Dann stehst du aber mit der Nase im Wind und es gibt keine Strömungs-Kräfte quer gegen den Rumpf und Anbauteile.
Für den Außenstehenden am Boden mag das ähnlich aussehen wie ein Slip, ist es aber nicht.
Beim Slip stellt man den Rumpf des Flugzeugs gegen die Strömung, damit aufgrund der "unkoordinierten" Fluglage der Strömungswiderstand hoch wird. Der Slip ist natürlich eine koordinierte Fluglage.
Hier ein Untersuchungsbericht der BFU zur Flugerprobung der ETA. Es ging um einen vielleicht ähnlichen Flugzustand:
http://www.bfu-web.de/cln_007/nn_223970 ... Cching.pdf
Zuletzt geändert von platzrundendreher am Mo 2. Nov 2009, 22:20, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: B-767 "Gimli Glider" 1983

Beitrag von Swen » Mo 2. Nov 2009, 22:19

Pearson decided to execute a forward slip to increase drag and lose altitude.
Die 767 ist nicht kaputt gegangen.
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Re: B-767 "Gimli Glider" 1983

Beitrag von platzrundendreher » Mo 2. Nov 2009, 22:24

Das ist auch gut so ;-)
Die Triebwerke waren eh schon aus und konnten aufgrund von falscher Anströmung nicht ausgehen.

Revilo

Re: B-767 "Gimli Glider" 1983

Beitrag von Revilo » Mo 2. Nov 2009, 23:55

Einen Schiebeflugzustand habe ich, wenn das Flugzeug nicht mehr parallel zur Längsachse von vorne angeströmt wird.

Wenn ich mit einem Vorhaltewinkel beim Landeanflug den Seitenwind ausgleiche, schiebe ich also nicht, weil das Flugzeug weiter direkt von vorne angeströmt wird. Erst wenn ich kurz vor dem Aufsetzen durch Kreuzen von Seiten- und Querruder die Flugzeugnase auf die Piste ausrichte, habe ich einen kurzen Moment lang einen Schiebeflugzustand - allerdings bei sehr geringer Fahrt.

Bei der anderen Seitenwind-Landetechnik, die nur bei Kleinflugzeugen sinnvoll angewendet werden kann, steuere ich während des gesamten Endanfluges einen leichten Slip, d.h. die Nase bleibt in Pistenrichtung ausgerichtet, eine Fläche hängt, um die Abtrift durch den Wind auszugleichen, die Luftströmung kommt also leicht von der Seite. Das geht mit Verkehrsflugzeugen nicht so gut, weil die mögliche Querneigung ziemlich begrenzt ist - besonders bei der 737 kommen sonst die Triebwerke als erstes am Boden an, nicht mehr das Fahrwerk. Außerdem ist ein Schiebeflugzustand nicht "passagierfreundlich".

Ein "voller Slip", wie er nur mit Segelflugzeugen richtig möglich ist, geht weit darüber hinaus: Das Seitenruder steht am Anschlag, der Fahrtmesser auf Null, alles rappelt und klappert, es geht tierisch abwärts, und man schaut durch das Seitenfenster nach vorne, weil die Nase ca. 45° zur Flugrichtung steht.

Der Gimli-Glider war zu dem Zeitpunkt des Slips schon ziemlich ausgebremst. Außerdem muß eine Überlastung der Struktur nicht zwangsläufig zum Versagen führen. In der Rechnung ist immer ein Sicherheitsfaktor drin. Nur verlassen kann man sich darauf halt nicht.

Das eta-Beispiel ist gut, weil es ein Problem der Zulassungsvorschriften aufzeigt. Dort sind für alle möglichen Flugsituationen Lastfälle angenommen, die dann nachgewiesen werden. Aber es werden eben nicht alle denkbaren Kombinationen dieser Lastfälle überlagert und gleichzeitig berücksichtigt. Viele Piloten haben das "Wissen" verinnerlicht, daß man bis zum Ende des grünen Bogens im Fahrtmesser volle Ruderausschläge geben darf und am roten Strich des Fahrtmessers noch ein Drittel des Vollausschlags. Was aber viele nicht wissen: Das gilt nur für eines der drei Ruder. Bei der Überlagerung von Höhen- und Seitenruder werden in den Zulassungsvorschriften für Segelflugzeuge, Kategorie "Utility", nur 75% der Kräfte gefordert. Das heißt, bei gleichzeitigem vollen Seiten- und Querruderausschlag kann auch unterhalb des gelben Bogens im Fahrtmesser die Struktur überlastet werden! Besonders kritisch ist das natürlich, wenn die Ruder in entgegengesetzte Richtungen ausgeschlagen werden.

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Re: B-767 "Gimli Glider" 1983

Beitrag von Swen » Di 3. Nov 2009, 13:44

Das klinkt alles Logisch, aber irgendwie kann ich mir das nicht so wirklich vorstellen. Der Flieger hat doch ein Vref... Es ist ja nicht so, dass man das bei 200 knoten slippt sonder man befindet sich ja nun im Endteil und hat ja schon Vref+5 drauf. Damit ist der Flieger ja langsam. Bei dieser geringen Geschwindkeit (OK 240-280km/h je nach Typ...) kann ich mir irgendwie nicht vorstellen, dass es da Probleme geben soll mit der Struktur. Die Flieger sind doch eigentlich so ausgelegt, dass die Rümpfe einiges wegstecken. Ich denke da einfach mal an Turbolenzen. Gut, ich bin da kein Fachmann und ich will auch nicht klugscheissen, so soll meine Fragerei und meine Feststellungen nicht gesehen werden. Ich möchte es aber gerne genauer Wissen. :)
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Re: B-767 "Gimli Glider" 1983

Beitrag von Revilo » Di 3. Nov 2009, 13:56

Auf diese Fragen gibt es eine sehr genaue Antwort. Nämlich diese Seite der EASA:

http://easa.europa.eu/ws_prod/g/rg_certspecs.php#CS-25

Da gibt es die CS 25 als PDF-Datei, die Zulassunsgvorschrift für "large Aeroplanes". Da steht alles drin, was ein Hersteller eines Verkehrsflugzeugs nachweisen muß. Das hier ist zwar die aktuelle europäische Version, aber was die Struktur betrifft, dürfte da kein großer Unterschied zur amerikanischen Version der 80er Jahre sein.

Es sind "nur" 789 Seiten. Wenn ich mal ein paar Minuten Zeit habe, schaue ich mal, ob ich die relevanten Paragraphen finde.

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Re: B-767 "Gimli Glider" 1983

Beitrag von Revilo » Sa 21. Nov 2009, 21:08

Ich habe mir das jetzt mal genauer angeschaut. Für die strukturelle Auslegung des Flugzeugs wird in CS25.351 folgender Lastfall angenommen:

1. Das Flugzeug befindet sich im sationären, schiebefreien Geradeausflug
2. Das Ruderpedal wird ruckartig betätigt, und zwar bis
a) zum Vollausschlag des Pedals oder bis
b) zum Vollausschlag des Ruders oder bis
c) zu einer Pedalkraft von 1335 Newton zwischen Vmc und Va, linear abfallend auf 890 Newton bei Vd bzw. Md,
je nachdem, welches Limit zuerst erreicht ist.
3. Das Pedal wird in dieser Stellung gehalten, bis das Flugzeug auf den sich dann einstellenden Schiebewinkel stabil eingeschwungen ist.
4. Das Pedal wird ruckwartig wieder in die Neutralstellung zurückgenommen.

Die Struktur des Flugzeugs muß dieser Belastung standhalten, und zwar im gesamten Geschwindigkeitsbereich von Vmc bis Vd und in allen zulässigen Konfigurationen. Dieser Nachweis wird allerdings rechnerisch erbracht.

Da von dem Vollausschlag des Pedals die Rede ist, kann der Hersteller den Ausschlag des Ruders in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit begrenzen, um die Forderung leichter erfüllen zu können. Das ist bei großen Flugzeugen durchaus üblich (z.B. "Rudder Travel Limiter" bei Airbus).

Im Zusammenhang mit dem Unfall eines A300 (American Airlines Flug 587) wurde diese Zulassungsvorschrift als unzureichend kritisiert. Denn der Fall, daß ein Pilot das Rudder schnell wechselseitig in die Vollausschläge bewegt, ist nicht abgedeckt. In diesem Fall führte er zum Versagen des Ruders im Flug, mit fatalem Ausgang.

In der Flugerprobung eines Musters werden auch Slips geflogen, allerdings bis zu einer Pedalkraft von 801 Newton:

"Conduct steady heading sideslips to full rudder authority, 801 N. (180 lbf) rudder force or full lateral control authority (whichever comes first), with highest lift landing configuration, trim speed 1.23 Vsr, and power or thrust for -3° flight path angle."

Du kannst also in Landekonfiguration tatsächlich relativ bedenkenlos mit bis zu 80kg ins Pedal treten.

Es gibt noch eine Faustformel für den maximalen "vernünftigen" Schiebewinkel eines Großflugzeugs:

Schiebewinkel = arc sin (30 / Geschwindigkeit in Knoten)

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Re: B-767 "Gimli Glider" 1983

Beitrag von Swen » So 22. Nov 2009, 12:17

Hm, kommt das nicht dann auch auf den Flugzeugtypen an? Einige haben Ruder Mechanisch und andere haben Hydraulik Unterstützung. Da wäre dann die Frage, wie würde das zB eine 747 verkraften.
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Re: B-767 "Gimli Glider" 1983

Beitrag von Revilo » So 22. Nov 2009, 13:22

Diese (Mindest-) Anforderungen gelten ohne Ausnahme für alle Flugzeuge, die in die Kategorie "large aeroplane" fallen.

Bei rein mechanischer Ansteuerung des Ruders fühlt sich dieses mit zunehmender Geschwindigkeit steifer an, die Pedalkräfte werden größer. Dadurch ist eine natürliche Begrenzung des Ausschlags gegeben. Bei Servounterstützung muß dann irgendein zusätzlicher Kniff für eine entsprechende Begrenzung sorgen.

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